Sommersemester 1996
Nibelungias Größen in Politik und Wissenschaft.
von Bbr. Alexander Dinhobl v/o Machiavelli
Seine k. u. k. Hoheit Erzherzog Dr. Otto Franz Josef von Habsburg - Lothringen
* 20. 11. 1912 auf Schloß Wartholz/Reichenau.
Der erste Sohn Kaiser Karls I. bot 1936 aus dem Exil Österreich an, die Regierungsgeschäfte zu übernehmen, um den Anschluß Österreichs zu verhindern. So machte sich Erzherzog Otto in Berlin, wo Er ohnehin schon sehr unbeliebt war und als Gefahr für einen nahen Anschluß betrachtet wurde, noch mehr Feinde. In dieser Situation trat Nibelungia Wien, willens ein Zeichen gegen den Nationalsozialismus zu setzen, an Erzherzog Otto heran, die Schutzherrschaft über die Verbindung zu übernehmen. Seit diesem Zeitpunkt ist Sn. k. u. k. Hoheit Ehzg Otto Hoher Schirmherr Nibelungiae - Nibelungias einziges Ehrenmitglied. Während des Krieges engagierte sich unser Hoher Schirmherr, der über Portugal aus Frankreich in die USA emigrierte, dort sehr für österreichische Emigranten. Es gelang Ihm, tausenden Österreicher die Flucht aus Europa zu ermöglichen. In der Nachkriegszeit leitete Er den Nachlaß Coudenhove-Kalergis, die Paneuropa-Union. Heute lebt Otto Habsburg- Lothringen, wie sein „bürgerlicher“ Name lautet, in seiner Eigenschaft als Mitglied des Europa-Parlamentesim oberbayrischen Pöcking nahe der Grenze.
Dr. Engelbert Dollfuß
*4. 10. 1892 + 25. 7. 1934
1913 rezipiert bei „Franco-Bavaria“, war er bereits vor seinem Einstieg in die Politik in verschiedensten Funktionen des Cartellverbandes aktiv. Die Forderung vieler reichsdeutschen Verbindungen, allen voran der Würzburger CV und die Breslauer „Rheno - Palatia“, ihn aus dem Cartell auszuschließen, bildete einen vorrangigen Grund für die Abspaltung („Abschaltung") des ÖCV vom Gesamtverband 1933. Damit identifizierten sich die österreichischen CV - Verbindungen mit der auf österreichische Eigenstaatlichkeit abzielende Politik Dollfuß ́, auch wenn nachträglich gesehen die Politik Engelbert Dollfuß ́ umstritten war. Nicht zuletzt die Tatsache, daß Dollfuß durch die Kugeln von nationalsozialistischen Putschisten starb, ist der Grund dafür, daß er teilweise sehr verehrt wird. BK Dr. Engelbert Dollfuß v. Laurin war neben 15 anderen Verbindungen auch Mitglied der Nibelungia.
HR Dr. Anton Maria Pichler
* 1902 - + 1987
Der um Kirche, Staat und Schulwesen hochverdiente Priester und Lehrer, der sich auch um das katholische Couleurstudententum, vor allem um den MKV bemühte, war Zeit seines Lebens begeisterter Farbstudent. Rezipiert wurde er ursprünglich bei der ältesten bestehenden MKV-Verbindung „Herulia“. Neben zahlreichen Mitgliedschaften bei MKV-Verbindungen, die er teilweise mitgründete, war er im ÖCV Urmitglied bei Nibelungia Wien mit dem Couleurnamen „Gottschalk“. Der engagierte Priester, der bis ins hohe Alter seelsorgerische Aufgaben in vielen Verbindungen übernahm, ist sicherlich eine der wichtigsten Persönlichkeiten des (Wieder-)Aufbaus des MKV in der Nachkriegszeit. Bis an sein Lebensende war er Bundesseelsorger des akad. Bundes Katholisch-österreichischer Landsmannschaften KÖL. An unseren Bundesbruder Gottschalk erinnert auch das von ihm gestiftete Holzkruzifix im Kneipraum.
Univ. Prof. DDr. Hans Karl Freiherr Zeßner von Spitzenberg
*4. 2. 1885 - + 1. 8. 1938
Der spätere Professor an der Hochschule für Bodenkultur wurde im deutschsprachigen Gebiet Böhmens geboren und war Vater von sechs Kindern. Er war überzeugter Monarchist, besonders dem letzten Kaiser Karl I. persönlich sehr verbunden, trotzdem loyaler Beamter der Republik Österreich. Von 1931 bis 1938 Ordinarius des Institutes für Verwaltungsrecht an der Hochschule für Bodenkultur, war Zeßner- Spitzenberg für Österreich und seinen christlichen Glauben sehr engagiert. Neben seiner Tätigkeit als Hochschullehrer war er im Katholischen Volksbund und im Katholischen Schulverein tätig. Er war Mitglied der Nibelungia und der KÖL „Maximiliana“ und dem katholischen Couleurstudententum sehr verbunden. Von Anfang an sah er im aufkommenden Nationalsozialismus eine große Gefahr. Obwohl er die Sympathisanten der NSDAP in seinem Umfeld stets menschlich fair behandelte, wetterte er gegen die braunen Schergen. Schon am 18. März 1938 wurde er während einer Hl. Messe verhaftet und ins KZ Dachau überstellt. Die Wachmannschaften prügelten ihn so sehr, daß er sich schwere innere Verletzungen zuzog, an denen er am 1. August 1938 starb. Zeßner-Spitzenberg war das erste österreichische Todesopfer in einem Konzentrationslager.
Dr. Ernst Karl Winter
*1. 9. 1895 + 4. 2. 1959
Der in Wien geborene Soziologe und Wirtschaftshistoriker rückte während seines Studiums, in dem er Nibelunge wurde, freiwillig ein, die Offizierslaufbahn blieb ihm ob der Verweigerung des Duells ver-wehrt. Schon als Soldat lernte er Engelbert Dollfuß kennen, dessen Wege er noch öfter kreuzen sollte. Nach dem Ersten Weltkrieg promovierte er, sein Versuch, sich 1929 zu habilitieren, scheiterte am Widerstand der ihm nicht geneigten Universität, legitimistische Einstellungen waren nicht opportun. Im Ständestaat war Winter als 2. Vizebürgermeister Wiens ein Vordenker der staatlichen Politik und als patriotischer Österreicher äußerte er oft Vorschläge zur Abwendung des Anschlußes Österreichs an Deutschland. Er war sogar einer der wenigen, die zu dieser Zeit ein Zugehen auf die großteils sozialdemokratische Arbeiterschaft („Aktion Winter“) und einen militärischen Widerstand gegen Deutschlands Einmarsch ins Auge fassen. Nach der Rückkehr aus der Emigration lehrte er an der Universität in Wien, wo er 1959 starb.
Kaplan DDr. Heinrich Maier
* 16. 2. 1908 - + 22. 3. 1945
Als Sohn eines Eisenbahners geboren, studierte Maier an der Universität Wien und der Gregoriana Rom. Er war sowohl im CV als auch in der katholischen „Neulandbewegung“ aktiv. Am 24. Juli 1932 wurde er im Dom zu St. Stephan zum Priester geweiht. 1935 kam er als Kaplan in die Pfarre Gersthof. Das totalitäre Regime der Nazis und die erlebten Mißhandlungen von Juden ließen ihn zum aktiven Gegner des NS - Regimes werden. Ab Sommer 1940 baute er eine Widerstandsgruppe auf, die Verbindung zu anderen Regimegegnern und zu allierten Geheimdiensten aufnahm. Er wies die westlichen Mächte auf zu bombardierende Standorte der Rüstungsindustrie hin. Am 22. März 1944 wurde er von der Gestapo vor dem Altar der Gersthofer Kirche verhaftet. Er versuchte noch, seine Freunde zu decken, dennoch wurde er gemeinsam mit Gesinnungsgenossen im Oktober 1944 zum Tode verurteilt. Nach monatelangen Verhören der Gestapo im KZ Dachau wurde er anfang 1945 der Wiener Polizei ausgeliefert. Kaplan Maier wurde am 22. 3. 1945, wenige Tage vor dem Einmarsch der Sowjetarmee, im Hof des Wiener Landesgerichtes hingerichtet.